Ehegattentestament bei Patchworkfamilien – warum einfache Lösungen oft nicht ausreichen

Viele Ehepaare glauben, dass es genügt, sich im Testament gegenseitig als Alleinerben einzusetzen und anschließend die Kinder beider Seiten als Schlusserben zu bestimmen. Was in der Theorie einfach klingt, ist in der Praxis jedoch häufig problematisch – insbesondere bei Patchworkfamilien, in denen jeder Ehegatte Kinder aus früheren Beziehungen mitbringt.

Die Ausgangslage

Vor kurzem wandte sich ein Ehepaar mit genau dieser Vorstellung an meine Kanzlei. Beide hatten jeweils Kinder aus vorangegangenen Ehen und wollten ein gemeinsames Testament verfassen. In ihrem Entwurf stand: „Wir setzen uns gegenseitig zu Alleinerben ein. Erben nach dem Tod des Letztversterbenden sollen unsere Kinder zu bestimmten Prozentsätzen sein.“

Auf den ersten Blick scheint das eine klare Regelung zu sein. Doch so einfach ist es leider nicht.

Die rechtlichen Stolperfallen

Ein solches Testament wirft gleich mehrere Fragen und Risiken auf:

  • Pflichtteilsansprüche: Kinder, die durch die Einsetzung des Ehegatten als Alleinerben zunächst „übergangen“ werden, können sofort ihren Pflichtteil geltend machen. Das kann für den überlebenden Ehegatten erhebliche finanzielle Belastungen nach sich ziehen.

  • Steuerliche Freibeträge: Gerade bei größeren Vermögen ist es wichtig, die steuerlichen Freibeträge für Kinder zu berücksichtigen. Werden diese erst nach dem Tod des Letztversterbenden bedacht, können Freibeträge ungenutzt bleiben und hohe Erbschaftsteuerbelastungen entstehen.

  • Bindungswirkung: Ein gemeinschaftliches Testament bindet den überlebenden Ehegatten oft stärker, als es beiden Ehepartnern bewusst ist. Nach dem Tod des ersten Ehegatten sind spätere Änderungen meist nur eingeschränkt möglich.

  • Gestaltungsmöglichkeiten: Von Vor- und Nacherbschaft über Vermächtnisse bis hin zu Pflichtteilsstrafklauseln gibt es zahlreiche Möglichkeiten, den unterschiedlichen Interessen gerecht zu werden. Welche Lösung passt, hängt stark von den persönlichen Verhältnissen und Zielen ab.

Fazit

Gerade in Patchworkfamilien ist die Testamentsgestaltung komplex. Pauschale Formulierungen genügen selten, um alle rechtlichen und steuerlichen Folgen im Blick zu behalten. Wer glaubt, mit einem kurzen Text alles geregelt zu haben, riskiert Streitigkeiten, steuerliche Nachteile und unter Umständen auch eine erhebliche finanzielle Belastung für den überlebenden Ehegatten.

Mein Rat

Lassen Sie sich bei der Errichtung eines Ehegattentestaments unbedingt beraten. Nur so können Sie sicherstellen, dass Ihre Wünsche auch tatsächlich umgesetzt werden – und Ihre Familie rechtlich wie finanziell abgesichert ist.