Pflicht zur Rechnungslegung bei oder nach Verwendung einer Vorsorgevollmacht

Bei Erstellung einer Vorsorgevollmacht stellt sich stets auch die Frage der Gestaltung des der Vollmacht zugrunde liegenden Auftragsverhältnisses (662 ff. BGB).

Die erteilte Vollmacht regelt nur das Außenverhältnis

Denn die Vollmacht selbst regelt nur das rechtliche „Dürfen“ des Bevollmächtigten gegenüber Dritten, nicht aber die gegenseitigen Rechte und Pflichten des Vollmachtgebers und des Bevollmächtigten.

Regelung des Innenverhältnisses

Im Auftragsvertrag kann beispielsweise das „Wie“ der Verwendung der Vollmacht näher bestimmt werden, auch, ab welchem Zeitpunkt der Bevollmächtigte von der Vollmacht Gebrauch machen soll oder (auftragsuntypisch, dann Geschäftsbesorgungsvertrag, § 675 BGB) die Frage einer Vergütung der Dienste im Rahmen der Wahrnehmung der Vollmacht.

Vor allem in Fällen, in denen der Bevollmächtigte nicht der spätere Alleinerbe ist, sondern den Vollmachtgeber entweder gar nicht beerbt oder auch Teil einer Erbengemeinschaft nach dem Vollmachtgeber wird, sollte im Auftragsvertrag festgelegt werden, ob er zur Rechnungslegung über im Namen des Vollmachtgebers getätigte Geschäfte verpflichtet ist.

Vorliegen einer Vorsorgevollmacht allein für Pflicht zur Rechnungslegung nicht ausreichend

Die bloße Existenz einer Vorsorgevollmacht bedeutet allerdings noch nicht das Bestehen eines dieser zugrundeliegenden Auftragsverhältnisses mit daraus resultierender Rechenschaftspflicht.

Ausschluss der Rechnungslegungspflicht in der Regel bei Bevollmächtigung des Ehegatten

Bevollmächtigen sich Ehegatten im Rahmen einer intakten Ehe, schließen sie regelmäßig kein Auftragsverhältnis untereinander (BGH, Urteil vom 5.7.2000, Az XII ZR 26/98). Begründet wird dies aus Sicht des BGH mit dem besonderen die Ehe prägenden Vertrauensverhältnis.

Was gilt bei anderen Angehörigenbeziehungen?

Mit der Frage, ob ein solches besonderes Vertrauensverhältnis, welches kein Auftragsverhältnis und damit keine Rechnungslegungspflicht begründet, auch bei anderen Angehörigenbeziehungen vorliegen kann bzw. unter welchen Bedingungen das der Fall sein kann, hat sich kürzlich das Oberlandesgericht Braunschweig, Urteil vom 28.4.2021, Az 9 U 24/20 beschäftigt.

Es kommt, wie so oft, auf die Umstände des Einzelfalls an, sprich darauf, ob zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigten ein besonderes, der ehelichen Verbundenheit gleichzustellendes, Näheverhältnis vorliegt.

Doch selbst, wenn festzustellen ist, dass das Angehörigenverhältnis nicht vergleichbar ist mit dem ehelichen Näheverhältnis, spricht dies nicht automatisch für das Bestehen eines Auftragsverhältnisses mit entsprechender Rechnungslegungsfrist.

Kriterien hier: hohe wirtschaftliche Bedeutung der Erteilung der Vorsorgevollmacht, Enge des Lebens- und Vertrauensverhältnisses

Im zu entscheidenden Fall hat eine (mittlerweile verstorbene) Mutter ihrem Sohn Vorsorgevollmacht erteilt für den Fall, dass sie ihre Angelegenheiten irgendwann zukünftig gesundheitlich oder durch das Alter bedingt nicht mehr würde regeln können. Erfasst war damit der gesamte Lebensbereich der Vollmachtgeberin (Erblasserin) und zwar im Zustand eigener Hilfsbedürftigkeit. Die Vollmachtgeberin war bei Erteilung der Vollmacht von dem Bedürfnis geleitet, dass der bevollmächtigte Sohn die Vollmacht initiativ und eigenverantwortlich zur Bewältigung der Angelegenheiten der Vollmachtgeberin verwendete, gerade weil der Vollmachtgeberin dann der eigene Überblick und die Fähigkeit dazu zwangsläufig fehlen würden, Hilfsperson mit Einzelanweisungen zu leiten.

Hierin sah das Gericht aufgrund der hohen wirtschaftlichen Bedeutung für die Vollmachtgeberin eine umfassende Auftragserteilung, die über das rechtliche dürfen der Vollmachterteilung hinausging.

Das Gericht wies jedoch darauf hin, dass ausnahmsweise in solchen Fällen keine Rechnungslegung erforderlich sein solle, wenn die Lebens- und Vertrauensverhältnisse zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem so eng sind, dass Rechnungslegung untereinander ohnehin nicht erwartet wird. Dies sei, nach dem oben zitierten Urteil, für eine intakte Ehe zu bejahen, könne aber nicht pauschal, sondern nur bei entsprechenden Umständen auf Verwandtschaftsverhältnisse übertragen werden.

Bei näherer Würdigung der Anhörung der Parteien ergab sich, dass zwischen dem Sohn und seiner verstorbenen Mutter kein gleichzustellendes Näheverhältnis vorhanden war, so dass schließlich von einem Auftragsverhältnis auszugehen war und der Sohn entsprechend den Klageanträgen seiner Miterben verurteilt wurde, Rechnung über die von ihm getätigten Geschäfte für die Mutter/Erblasserin zu legen.

 

Bei Fragen zu Vorsorgevollmachten, hieraus erwachsender Rechnungslegungspflichten, auch Vergütungsansprüchen, bei Fragen zur Erstellung der für sie und für ihr Unternehmen maßgeschneiderten Vorsorgebevollmächtigung setzen Sie sich gerne mit mir in Verbindung.

Martina Spintig

Rechtsanwältin

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